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Über die Einsicht, dass das Vorhandene bereits gut genug ist – Ikebana-Künstlerin Han Le Han im Interview mit This Place

Im Gespräch 18.01.23 5 min. lesezeit

Schönheit, so heißt es, liegt im Auge des Betrachters. Doch so manche Schönheit erlangt ihre volle Blüte erst, wenn sie von empathischem Geist, achtsamen Augen und behutsamen Händen geformt wird. 

Als Ikebana-Künstlerin und Kunsthistorikerin arrangiert Han Le Han mit geschultem Blick Biegungen und Krümmungen von Zweigen, Blättern sowie Blüten in ausdrucksstarker Interaktion von Raum, Leichtigkeit, Struktur und Farbe. 

Mit Respekt für den eigenen Rhythmus der Blumen und den natürlichen Fluss, der sie umgibt, kreiert Han Le harmonische Gestecke mit meditativer Ausstrahlung.

Eine hochtraditionelle Kunstform, deren Wurzeln Jahrhunderte in die Geschichte Japans zurückreicht. Und die unter Han Les Interpretation zeitlos in Berlin erblüht. 

Ihre feinsinnigen Installationen und reduzierten Arrangements versinnbildlichen seit dem exklusiven Opening-Event von This Place am 11.01.2023 die Balance zwischen handgemachter Kunst und unberührter Natürlichkeit. Sie zu betrachten, stärkt die innere Ausgeglichenheit und versteht sich als Self-Care-Moment der ruhigen Art.

Im Interview für unsere Blogreihe “In Conversation” spricht Künstlerin Han Le offen darüber, dass auch Berliner Gestrüpp schön sein kann und welches letzte private Experiment sie Ängste überwinden ließ.

1. Han Le, als ausgebildete Ikebana-Künstlerin hast Du Dein Handwerk an der renommiertesten und ältesten Ikebana-Schule Japans, Ikenobō, gelernt. Die Schule wurde bereits im 15. Jahrhundert gegründet. Was macht Deiner Ansicht nach die Zeitlosigkeit dieser traditionsreichen Kunstform aus? Und welchen Einfluss haben das Leben und der Alltag in Berlin auf Deine Arrangements?

Die dominierenden Ikebana-Stile haben über die Jahrhunderte zahlreiche Wandlungen durchlaufen und unterliegen natürlich, wie andere Kunstformen auch, verschiedenen Trends und dem Zeitgeschmack. 

Dass diese uralte Tradition sich eine Zeitlosigkeit und Modernität bewahrt hat, liegt für mich vor allem daran, dass sie tief in den Lebenswirklichkeiten und Bedürfnissen der Menschen verankert ist. Ikebana entsteht nie im luftleeren Raum oder des reinen künstlerischen Ausdrucks wegen, sondern in Interaktion mit der Umwelt. Dazu gehören sowohl räumliche Gegebenheiten als auch Anlässe wie Feiertage und andere Festlichkeiten, der Empfang von Besuch, selbst etwas so Trivialem wie der Freude über einen besonders schönen Zweig oder den einsetzenden Jahreszeitenwechsel. Vor allem der Fluss der Zeit und damit die Flüchtigkeit allen Seins sind sehr universelle Konstanten der menschlichen Existenz, die immer beim Kreieren oder Betrachten eines Ikebana-Werkes mitschwingen.

Das Leben und der Alltag in Berlin haben insofern einen Einfluss auf meine Arrangements, als ich mich im gerade erläuterten Sinne an die Gegebenheiten anpasse. Diese nehmen in Berlin öfter extremere Formen an als es wahrscheinlich anderswo der Fall wäre. Wenn zum Beispiel Räumlichkeiten wie Baustellen aussehen, würde ein klassisches Ikebana-Arrangement seine Schönheit dort überhaupt nicht entfalten, und ich muss zu entsprechend anarchistischen Mitteln greifen. Ansonsten arbeite ich persönlich sehr gerne mit lokalem und aufgefundenem Material. In Berlin wiederum bedeutet dies vor allem im Winter, mit sehr viel Gestrüpp und kahlen Ästen vorlieb zu nehmen.


2. Zweifelsohne: Blumen machen Freude. Doch Ikebana als floral-betonte Designart ist so viel mehr als nur typische Tischdeko. Im Gegensatz zu den meisten Blumensträußen gilt hier: Weniger ist mehr. Worin besteht die ureigene Schönheit der bewussten Reduktion auf einzelne Blätter, Blüten und Zweige?

Vielleicht ist es an dieser Stelle aufschlussreich, statt von Reduktion eher von Genügsamkeit oder Demut zu sprechen. Es wird im Ikebana ja nichts weggenommen, auch wenn es im Vergleich zur westlichen Floristik erst einmal so aussehen mag. Sondern es wird im Gegenteil etwas gesetzt, und zwar mit einer solchen Konsequenz, dass daneben nichts Überflüssiges mehr Platz findet. Dahinter steht die Einsicht, dass das Vorhandene bereits gut und gut genug ist, wenn man es entsprechend seiner charakteristischen Eigenschaften zur Geltung bringt. Jedes Trimmen und Beschneiden, das tatsächliche Wegnehmen in diesem Prozess, dient dazu, diese Eigenheiten, die eben auch in einer einzelnen Blüte Ausdruck finden können, gänzlich freizulegen und sichtbar zu machen.

Mit dem auszukommen, was bereits da ist, und ihm zu seiner schönsten Gestalt zu verhelfen, ist die eigentliche Kunst. Denn dies setzt voraus, dass man eine Pflanze als Ganzes verstanden hat und gerade in ihrer Individualität wertschätzt.

Installation Han Le Han

“Dass diese uralte Tradition sich eine Zeitlosigkeit und Modernität bewahrt hat, liegt für mich vor allem daran, dass sie tief in den Lebenswirklichkeiten und Bedürfnissen der Menschen verankert ist. Ikebana entsteht nie im luftleeren Raum oder des reinen künstlerischen Ausdrucks wegen, sondern in Interaktion mit der Umwelt.”

3. Im Ikebana kommt dem Freiraum zwischen den einzelnen Elementen besondere Bedeutung zu. Wie setzt Du als Künstlerin diesen Raum bevorzugt ein? Und was löst dieser Freiraum beim Betrachten aus?


Freiraum setze ich in meinen Arrangements vor allem dann ein, wenn ich den Fokus auf eine besondere Linie oder Silhouette setzen will. Wie bei einem Scherenschnitt wird eine positive Form erst dann in aller Schärfe erkennbar, wenn sie von negativem Raum umgeben ist, und umgekehrt. Wenn man dem Auge ermöglicht, sich auf ein interessantes Detail einzulassen und es ungestört mit den Blicken abzutasten, kann dies eine stimulierendere Betrachtungserfahrung sein als eine Masse unterschiedlicher, aber wenig definierter Eindrücke.

Ikebana Arrangement Han Le Han

“Ikebana steht für die Einsicht, dass das Vorhandene bereits gut und gut genug ist, wenn man es entsprechend seiner charakteristischen Eigenschaften zur Geltung bringt.”

4. Deine Ikebana-Arrangements und -Installationen bestechen durch ihre Klarheit. Hast Du ein Ritual, auf das Du in stressigen Zeiten vertraust, um zunächst in Dir selbst Klarheit zu finden?

Für mich erfüllt eindeutig Essen diese Funktion. Eine gute Mahlzeit zu mir zu nehmen ist schon immer eine der wenigen Tätigkeiten, bei denen ich ohne große Mühe vollkommen abschalten kann. Wenn mir etwas über den Kopf wächst oder ich merke, ich muss wieder runterkommen, lasse ich alles stehen und liegen, und setze mich, gerne auch alleine, in ein nahegelegenes Lokal oder Restaurant, wo ich mich wahnsinnig auf die Geschmäcker freue, die mich erwarten. Meine Freund*innen finden es mitunter sehr unterhaltsam, wie langsam und ausgiebig ich speisen kann, und dass ich einer Unterhaltung manchmal Einhalt gebieten muss, um mich aufs Essen zu konzentrieren.

5. Du hast Dich der experimentellen Blumenkunst verschrieben. Doch welches Experiment hast Du zuletzt als Privatperson gewagt?

Eines der größten Experimente der letzten Jahre war es sicherlich, meinen sorgsam ausgebauten und in institutionelle Strukturen gebetteten Berufsweg als Kunsthistorikerin zu verlassen und mich in die künstlerische Selbstständigkeit zu begeben. Dieser Schritt war mit unglaublich vielen, sehr existentiellen Ängsten verbunden, die ich bis dahin nicht ohne Grund unangetastet gelassen hatte. Gleichzeitig habe ich dadurch, glaube ich, erst verstanden, was es bedeutet, Verantwortung für die eigenen Wünsche, Ziele und Entscheidungen zu übernehmen.


“Wenn man dem Auge ermöglicht, sich auf ein interessantes Detail einzulassen und es ungestört mit den Blicken abzutasten, kann dies eine stimulierendere Betrachtungserfahrung sein.”

 

 

 

Porträt©Patrycja Toczek

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