Unsere Haut
Die Haut ist das größte Organ unseres Körpers – und auch wenn es manchmal nicht so scheint: Unsere Haut ist eine ziemlich komplexe Struktur mit vielen wichtigen Funktionen. Die sprichwörtliche „faule Haut”, auf die sich mancher gern mal legt, ist übrigens ein Gerücht.
Als unsere äußerste stoffliche Hülle bildet unsere Haut eine Barriere zur Außenwelt und ist damit die erste Verteidigungslinie gegen Verletzungen und Infektionen.
Die Arbeit, die sie jeden Tag für uns tut, um dieser Funktion gerecht zu werden, ist dabei wohl kaum von Müßiggang geprägt; die Haut ist ein überaus aktives Organ.
Spezielle Gewebestrukturen in der Haut können selbstständig eine Immunantwort auslösen, wenn sie Krankheitserregern ausgesetzt sind – die Haut verfügt also über ihr eigenes Immunsystem. Von diesem können sowohl angeborene als auch erlernte Immunreaktionen ausgehen.
Komplexe Schutzfunktion
Wenn wir mal grob überschlagen mit wie vielen verschiedenen Umwelteinflüssen unsere Haut es jeden Tag zu tun bekommt, wird schnell klar: Da kommt einiges zusammen. Und die Tatsache, dass die wenigsten dieser Einflüsse jemals zu einem echten Problem für uns werden, scheint umso erstaunlicher. Ein komplexer Job, den unsere Schutzhülle da täglich meistert.
Gleichgewicht
Komplexe Systeme sind in der Natur weder neu noch selten. Gut, ob sie „neu” sind oder nicht, hängt letztlich stark von der zeitlichen Perspektive ab, aus der man sowas sieht – das ist sicher noch mal ein spannendes Thema für sich…
Was aber deutlich werden soll: Komplexe Systeme sind erprobt und können gut funktionieren. Damit sie das auch langfristig und zuverlässig tun, muss alles passen – es muss Gleichgewicht herrschen.
Und so braucht es manchmal nicht viel, um ein System ins Wanken zu bringen: Ein Zuviel von diesem, ein Zuwenig von jenem … und schon kann das gesunde Gleichgewicht – die Homöostase – nachhaltig gestört sein.
Die Folge: Das System kann seine Funktion nicht mehr vollständig erfüllen. Im Bezug auf unsere Haut heißt das: Unsere erste Verteidigungslinie gegen schädliche Einflüsse von außen ist beschädigt, durchlässig, unzuverlässig geworden.
Das Endocannabinoidsystem der Haut
In den letzten Jahren konnte in immer mehr Studien gezeigt werden, dass das Endocannabinoidsystem (ECS) eine entscheidende Rolle für unsere Hautgesundheit spielt. Eine gestörte Funktion des ECS konnte dementsprechend mit verschiedenen dermatologischen Krankheitsbildern in Verbindung gebracht werden, so z. B.:
- Atopische Dermatitis (geht mit starkem Juckreiz einher; oft auch als „Ekzem” bezeichnet)
- Schuppenflechte
- Sklerodermie
- Hautkrebs
- Juckreiz und Akne („TRP-targeting”, dazu später mehr)
Die weitere Erforschung des ECS und dessen Rolle in der Behandlung dieser Pathologien scheint vielversprechend. So wurde in zahlreiche Studien beobachtet, dass mit Phytocannabinoiden (zu denen auch CBD gehört) gleichzeitige mehrere verschiedene Behandlungsziele anvisiert werden können. Das gilt auf dem Gebiet der Hautgesundheit als entscheidend für eine langfristige und erfolgreiche Therapie. Der Ansatz steht im Kontrast zur herkömmlichen Vorgehensweise der Pharmaforschung, wo für jede Krankheit oder jedes Symptom eine einzelne therapeutische Struktur ins Visier zu nehmen.
Exkurs: Das Endocannabinoidsystem
Gehen wir aber nochmal einen Schritt zurück: Was genau ist überhaupt dieses ECS, woraus besteht es und warum scheint es nicht nur für unsere Hautgesundheit ein so vielversprechendes therapeutisches Ziel zu sein?
Das ECS besteht u. a. aus Rezeptoren und den dazugehörigen Liganden. Liganden sind sozusagen Schlüssel, die genau auf ein bestimmtes Schloss, einen Rezeptor, passen. Treffen beide Elemente aufeinander, kann es zu einer bestimmten Reaktion kommen.
Normalerweise stellt unser Körper selbst alle Substanzen her, die für eine reibungslose Funktion dieses Systems benötigt werden. Es kann jedoch passieren, dass genau das nicht mehr funktioniert – das System ist aus dem Gleichgewicht geraten.
Und da das ECS auch für die Regelung und Feinjustierung anderer Systeme entscheidend ist, kann sich dieses Ungleichgewicht sozusagen in die verschiedensten Bereiche fortpflanzen.
In solchen Fällen kann es Sinn machen, fehlende Bestandteile von außen zuzuführen. Zum Beispiel als Phytocannabinoide aus der Cannabispflanze.
So viel zum ECS in aller Kürze – aber wie genau funktioniert das in unserer Haut?
Das Endocannabinoidsystem und Hautgesundheit
Auch in der Haut sind alle wichtigen Elemente des ECS vertreten. Die speziellen Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2 finden sich unter anderem in:
- oberflächlichen (suprabasalen) Schichten der Epidermis,
- Haarfollikeln,
- hornbildenden Zellen (Keratinozyten),
- Talg- und Schweißdrüsen sowie
- Melanozyten (Pigmentzellen).
Ein dichtes Netzwerk dieser Rezeptoren wurde auch in Hautnervenfasern identifiziert.
An der Signalgebung des ECS sind darüber hinaus noch andere Rezeptoren beteiligt – auch diese sind in der Haut zu finden (PPARγ, TRPV1).
Die Beteiligung des ECS konnte für verschiedene Bereiche bereits nachgewiesen werden. Dazu gehören unter anderem:
- Wachstum, Differenzierung und Überleben von Zellen
- Immun- und Entzündungsreaktionen
- Sensorische Phänomene
Teile unserer Haut sind in der Lage, selbst eine Immunantwort auszulösen, wenn wir mit Krankheitserregern konfrontiert werden. Die Rolle der Haut beschränkt sich also nicht auf die einer physischen Barriere – die Haut ist Teil unseres Immunsystems. Und es wurde gezeigt, dass das ECS (auch) auf diesen Teil unseres Immunsystems einen starken Einfluss hat.
Dass Cannabinoide großes therapeutisches Potenzial zur Behandlung verschiedener Hauterkrankungen mitbringen, scheint vor diesem Hintergrund schlüssig.
Haut im Ungleichgewicht
Das ECS scheint also für das Gleichgewicht unserer Haut unentbehrlich. Aber was passiert eigentlich, wenn unsere Haut ins Wanken gerät?
Im günstigsten Fall führt das zu kleineren Irritationen – leichter Juckreiz, zu trockene oder zu fettige Hautpartien oder leichte Rötungen. Meist lassen sich solche leichteren Symptome mit einfachen Mitteln wieder zurechtrücken.
Aber: Gerät unsere Haut mal so richtig aus dem Gleichgewicht, kommt man damit oft nicht weiter. Hauterkrankungen können dann die Folge sein.
Bei welchen Hauterkrankungen kommt das ECS als therapeutisches Ziel in Frage?
Für verschiedene Krankheitsbilder der Haut haben Forscher bereits eine Beteiligung des ECS nachweisen können, so z. B. bei Fibrose und allergischen Kontaktekzemen. Doch das Potenzial scheint auch in anderen Bereichen groß zu sein. Einige davon nehmen wir hier mal etwas näher unter die Lupe…
Atopisches Ekzem (auch: atopische Dermatitis oder Neurodermitis)
Diese chronisch-entzündliche Hauterkrankung zeichnet sich vor allem durch eine sehr komplexe Entstehung und Entwicklung (Pathophysiologie) aus. Neben einer gestörten Hautbarrierefunktion kann auch das kutane Mikrobiom, also die mikrobielle Kommunität der Haut, gestört sein. Genetische, umweltbedingte und immunologische Veränderungen können ebenfalls eine Rolle spielen.
Die häufigsten Symptome sind schuppende, gerötete und teilweise nässende Ekzeme auf der Haut. Diese sind oft von einem starken Juckreiz begleitet. Die Krankheit gilt als nicht heil-, aber behandelbar.
Der erste Behandlungsversuch besteht meist auf topischen Therapien, also der Behandlung mit Cremes, die beispielsweise Kortikosteroide enthalten können.
Schwerere Ausprägungen der Erkrankung erfordern häufig systemische Therapieansätze, also Behandlungsversuche, die den ganzen Körper mit einbeziehen. Dazu kann zum Beispiel auch eine Umstellung der Ernährung und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (etwa von B-Vitaminen) gehören.
Einige der Zielstrukturen solcher Therapien können teilweise auch direkt über das ECS angesteuert werden. Die gezielte Manipulation des ECS bietet daher einen vielversprechenden Ansatz zur Behandlung. In verschiedenen Phasen des Krankheitsverlaufs könnte das dazu beitragen, Entzündungs- und Immunreaktionen sowie krankhafte Veränderungen der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) zu kontrollieren. Gelingt das, stehen die Chancen nicht schlecht, dass das insgesamt zur Wiederherstellung und/oder Aufrechterhaltung der Barrierefunktion der Haut beitragen kann.
Psoriasis (Schuppenflechte)
Auch diese Hauterkrankung ist chronisch und zeigt sich in der Regel vor allem auf der Kopfhaut, den Ellbogen und Knien sowie dem Gesäß. Oft klagen die Betroffene über starken Juckreiz. Bei der Psoriasis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Wie genau es zur Ausprägung der Symptome kommt und welche Mechanismen daran beteiligt sind, ist nicht vollständig geklärt. Sicher ist jedoch, dass verschiedene Immunzellen bei der Entstehung der Krankheit eine wichtige Rolle spielen.
Daraus folgt auch der Ansatz, dass die Schuppenflechte vor allem durch eine Dysregulation des Immunsystems erklärt werden könne. Auch diese Erkrankung wird oft zunächst mit wirkstoffhaltigen Cremes behandelt. Im weiteren Verlauf können darüber hinaus Fototherapie, systemische Mittel oder Kombinationen unterschiedlicher Behandlungsansätze zur Anwendung kommen.
In jüngerer Zeit rückt auch hier der Einsatz von Cannabinoiden mehr und mehr in den Fokus. Die Rationale hierfür leitet sich hauptsächlich aus den entzündungshemmenden Eigenschaften einiger dieser Stoffe ab: Cannabinoide sind potenziell dazu in der Lage, Entzündungen zu unterdrücken. In Verbindung mit der Beobachtung, dass die Aktivität des ECS über verschiedene Mechanismen auf die Differenzierung von Keratinozyten einwirken kann, ergeben sich hier spannenden Ansätze, die auf eine mögliche Rolle von Cannabinoiden in der Behandlung von Psoriasis hindeuten.
Systemische Sklerose (systemische Sklerodermie)
Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Autoimmunerkrankung, die verschiedene Formen annehmen kann. Im späteren Verlauf kann es zur Schädigung innerer Organe kommen.
Ein Hauptmerkmal dieser schweren Erkrankung ist die Verhärtung der Haut und in den betroffenen Stellen konnten wichtige Bestandteile des ECS nachgewiesen werden.
Forscher gehen davon aus, dass das ECS an allen kritischen Prozessen beteiligt ist, die zur Entwicklung der Krankheit führen. Über dieses System werden wichtige Mechanismen kontrolliert, so z. B.:
- Entzündungsreaktionen
- Die Modulation von Immunantworten
- Eine Beteiligung an der Gefäßfunktion
In Summe ist das Anlass genug für die Forscher, Cannabinoide auch hier wieder als vielversprechende Behandlungsoption einzustufen.
Hautkrebs
In Populationen mit überwiegend hellen Hauttypen gehört Hautkrebs zu den häufigsten Krebsarten. In der Krebstherapie, vor allem in der Palliativpflege, sind Cannabinoide schon länger bekannt. Hier gelten sie als wirksam bei der Hemmung der Schmerzwahrnehmung, zur Appetitanregung und zur Reduktion von Übelkeit und Erbrechen in Verbindung mit einer Chemotherapie.
Einige Studien konnten auch schon ein mögliches Potenzial von Cannabinoiden für die Behandlung von Krebs selbst zeigen – das sind aber bis heute Zell- und Tiermodellstudien, deren Ergebnisse sich nur sehr begrenzt auf eine Anwendbarkeit am Menschen übertragen lassen. In diesem Rahmen hat sich auch die Ansprache des ECS als vielversprechende Strategie zur Verlangsamung der Entwicklung von Hautkrebs herausgestellt.
Dennoch: Der Mangel an belastbaren Daten von Menschen ist groß. Robuste Studien fehlen schlicht noch und damit auch die Grundlage für eindeutige Aussagen im Bezug auf die Wirksamkeit von Cannabinoiden in diesem stets hochaktuellen Bereich.
Ansteuerung von TRP-Kanälen
Wer jetzt so gar nichts mit TRPs anfangen kann – keine Sorge. TRP steht für transient receptor potential und bezeichnet eine Gruppe von Ionenkanälen. Vielleicht kennt die ein oder andere diese Kanäle noch als Kanal- oder Tunnelproteine aus dem Bio-Unterricht.
Alles, was wir an dieser Stelle aber wirklich wissen müssen, ist, dass diese Kanäle an der Transduktion, also der Umwandlung einer großen Zahl von Reizen in physiologische Signale, beteiligt sind. Viele verschiedene Krankheiten gehen mit einer gestörten Funktion dieser TRP-Kanäle einher.
Im Hinblick auf unsere Hautgesundheit spielen sie vor allem bei der Erzeugung von Schmerz und Juckreiz eine entscheidende Rolle. Und – wie so oft – sind Cannabinoide auch hier ganz vorne mit dabei, wenn es um vielversprechende neuartige Behandlungsansätze geht. Denn die Stoffe aus der Cannabispflanze können einige dieser Kanäle desensibilisieren.
Bemerkenswert ist, dass Breit- und Vollspektrumextrakte, die neben CBD eine Vielzahl weiterer Pflanzenstoffe und Terpenen enthalten, die Wirkung einzelner isolierter Cannabinoide in Studien übertroffen haben. In der Cannabisforschung ist das keine wirkliche Neuigkeit: Die spezielle pflanzliche Synergie, die zwischen den verschiedenen Inhaltsstoffen der Cannabispflanze entstehen kann, wird auch als „Entourage-Effekt” bezeichnet. Die Wirkung einzelner Stoffe, so die Theorie, kann die Wirkung anderer Stoffe dabei günstig verändern – das Ganze ist am Ende also mehr als die Summe seiner Teile oder: „1 + 1 > 2”.
CBD gegen Akne
Auch die mögliche Wirksamkeit von CBD Creme gegen Akne hängt mit der Modulation der Tunnelproteine zusammen. CBD Creme kann über diesen Mechanismus nicht nur die Talgproduktion verringern, sondern auch die Vermehrung der talgproduzierenden Zellen drosseln.
Cannabinoide wie CBD, vor allem, wenn sie in einem Voll- oder Breitspektrum-Extrakt vorliegen, sind also auch hier vielversprechende Kandidaten für zukünftige Behandlungsmethoden.
Das Endocannabinoidsystem der Haut – neue Wege in der Hautgesundheit
Unsere Haut, das größte Organ unseres Körpers, leistet als erste Verteidigungslinie gegen schädliche Einflüsse von außen jeden Tag Schwerstarbeit. Was da vor sich geht, ist ebenso dynamisch wie komplex. Um unter solchen Bedingungen ein gesundes Gleichgewicht zu halten, braucht es zuverlässige Mechanismen zur Regulierung und Feinjustierung aller vor sich gehenden Prozesse. Ein wichtiges Werkzeug dafür ist das Endocannabinoidsystem unserer Haut.
Dass an vielen Ecken und Enden noch hochwertige und groß angelegte Studien an Menschen fehlen, ist in der Cannabisforschung leider eher die Regel als die Ausnahme – so auch im Bereich der Hautgesundheit.
Und dennoch: Dass unsere Haut über ein eigenes Endocannabinoidsystem verfügt, ist gesichert. Und auch, dass dieses System eine Schlüsselrolle in der Regulierung und Feinjustierung unserer Hautphysiologie spielt, wird kaum jemand ernsthaft bestreiten.
Es wundert also nicht, dass eine Störung dieses Systems mit einer ganzen Reihe verschiedener Hautkrankheiten in Verbindung gebracht wurde.
Die Studien, die es zu dem Thema bereits gibt, legen nahe, dass das Endocannabinoidsystem und dessen Beeinflussung für die Behandlung von Hautkrankheiten riesiges Potenzial bereithält.
Das muss nun erschlossen werden.
Also – los geht’s! :)
Quellen:
[1] The endocannabinoid system of the skin. A potential approach for the treatment of skin disorders
[3] Cannabinoid Signaling in the Skin: Therapeutic Potential of the "C(ut)annabinoid" System
[2] Targeting the endocannabinoid system: future therapeutic strategies