Mit unserem Zyklus setzen wir uns meist erst wirklich auseinander, wenn er uns Schwierigkeiten bereitet: wenn wir unter Regelschmerzen leiden, verhüten möchten oder versuchen, schwanger zu werden.
Doch dabei geht es um so viel mehr als „nur“ die Tage, an denen wir bluten oder unseren Eisprung haben: Es ist genauso die Zeit dazwischen, in der über die gesamte Dauer des Zyklus unzählige faszinierende Prozesse in unserem Körper ablaufen.
Sofern Du menstruierst, befindest Du Dich, jetzt gerade, in einer der vier Phasen des weiblichen Zyklus. Und während Dein Hormonspiegel fortlaufend ein neues Gleichgewicht findet, kann er Einfluss auf Dein körperliches und geistiges Wohlbefinden haben. Jeder der Zyklusphasen kommt eine ganz eigene Bedeutung zu, deren Kraft Du für Dich erkennen und nutzen kannst.
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Die vier Phasen des weiblichen Zyklus
Wir haben uns vielleicht alle schon einmal während unsere Periode gefragt, warum unsere Hormone immer wieder fluktuieren müssen. Wenn wir die Natur betrachten, finden wir jedoch überall das gleiche Prinzip: Tag und Nacht, Blühen und Verwelken, Sommer und Winter. Nicht umsonst heißt es „Mutter Natur“ – sie ist unaufhörlich im Wandel, und wir sind es mit ihr.
Der immerwährende Kreislauf ist untrennbar mit jedem Teil der Natur verbunden. Und rund einmal im Monat vollzieht er sich in uns selbst. Ein Prozess, der uns auf eine häufige und intensive Art mit ständigen Veränderungen in Berührung bringt.
Dabei bewegen wir uns ganz im Rhythmus der Jahreszeiten: So wie der Frühling uns nach einem langen Winter mit neuer Energie erfüllt, zieht es uns nach unserer Periode in die Welt hinaus. Und kaum hat der Frühling begonnen, geht er schon in einen nicht enden wollenden Sommer über. Während wir noch die letzten Sonnenstrahlen aufsaugen, lässt unser Körper im Herbst jedoch schon das Vergangene hinter sich und wir kehren mit der Blutung zu unserer Basis zurück.
Menstruation: Winter
Mit dem ersten Tag der Blutung beginnt unser Körper, Blut und Teile der Gebärmutterschleimhaut aus dem letzten Zyklus abzustoßen. Und während er sich davon – mitunter unter Schmerzen – befreit, beginnt im selben Moment schon etwas anderes: ein neuer Zyklus.
Tendenziell haben wir an den ersten Tagen unserer Periode weniger Energie und suchen Ruhe, um zu unserem inneren Kern zu finden. Andererseits können uns kreative Aufgaben jetzt leichter fallen, da wir mit unserem Körper und gleichzeitig unserer inneren Stimme besonders eng verbunden sind.
Vor dem Eisprung – follikulare Phase: Frühling
Nach einem langen Winter steigt unser Energielevel langsam immer weiter an: Mögliche körperliche oder psychische Beschwerden sind in der Regel verschwunden und wir wollen hinaus in die Welt.
Die follikulare Phase, wie sie auch genannt wird, überschneidet sich mit der Menstruation. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass Deine Hypophyse vermehrt das Follikel-stimulierende Hormon (FSH) freisetzt. Es stimuliert Follikel in Deiner Gebärmutter zum Wachstum, während sich Deine Gebärmutterschleimhaut wieder aufbaut.
Und damit nicht genug: Gleichzeitig steigen die Östrogen- und Testosteron-Spiegel an. Wir fühlen uns selbstbewusster, gehen mehr Risiken ein. Während das Testosteron unsere Libido befeuert, macht das Östrogen uns extrovertierter. Auch das luteinisierende Hormon (LH), welches den Körper für den Eisprung bereit macht, wird zunehmend produziert.
Oft strotzen wir jetzt nur so vor Energie. Nun können wir die kreativen Ideen der vergangenen Wochen umsetzen. Wir sollten lediglich im Blick behalten, dass wir uns nicht plötzlich alles auf einmal vor- und uns damit übernehmen.
Setze Prioritäten und entscheide Dich bewusst, welchen Projekten Du in dieser aufblühenden Zeit Deine volle Energie und Aufmerksamkeit widmen möchtest.
Eisprung: Sommer
Auf diesen Moment hat unser Körper sich vorbereitet: Kurz nach dem das luteinisierende Hormon seinen Peak erreicht hat, springt ein Follikel und setzt die darin enthaltene Eizelle zur Befruchtung frei. Damit beginnt die zweite Zyklushälfte.
Östrogen und Testosteron erreichen ihr Maximum – und wir begeben uns auf Höhenflüge: Wir fühlen uns tendentiell attraktiver, selbstbewusster und haben besonders viel Lust auf Sex.
Wir sind extrovertiert und voller Energie. Die perfekte Zeit also, beruflich wie privat durchzustarten.
Vor der Menstruation – luteale Phase: Herbst
Auch der schönste Sommer geht in den Herbst über. Unsere Östrogen- und Testosteron-Spiegel fallen langsam ab. Stattdessen dominiert nun das Hormon Progesteron. Es beruhigt uns und lässt uns mehr reflektieren.
Die Gebärmutterschleimhaut entspannt sich, damit sich gegebenenfalls ein befruchtetes Follikel einsetzen kann. Die Körpertemperatur ist leicht erhöht. Wird das Follikel nicht befruchtet, bereitet sich unser Körper langsam auf die Menstruation beziehungsweise den Abbau der Gebärmutterschleimhaut vor.
Vor allem gegen Ende der lutealen Phase können unter Umständen Symptome von PMS auftauchen: Womöglich sind wir sensibler und wachsamer unserer Umgebung gegenüber..
Jetzt ist die perfekte Zeit, um wieder mehr in Dich zu gehen. Versuche vermehrt, Dinge in Deinen Alltag zu integrieren, die Dir gerade guttun.
Frieden schließen mit der Veränderung
Jeden Monat aufs Neue kann der weibliche Zyklus uns Akzeptanz lehren: Wir sehen und kennen das Auf und Ab – es bereitet uns jedoch keine Sorge, da es der Lauf der Dinge ist. Wir gehen mit dem Fluss des Lebens.
Wenn wir die (Arbeits-)Welt um uns herum betrachten, ist sie hingegen oft nach dem „männlichen“ Tempo gebaut: Nicht der Wandel steht im Vordergrund, sondern die immer gleichbleibende – oder noch besser wachsende – Produktivität.
Was wäre, wenn wir natürliche Kreisläufe wieder mehr akzeptierten? Die Höhen und Tiefen gleichermaßen annehmen würden? Womöglich wäre es ein Gegenentwurf zum ewigen „Höher, schneller, weiter!”. Womöglich würden wir wieder lernen, mehr nach den Regeln der Natur zu leben.
Der weibliche Zyklus als Kraftquelle
Selbstverständlich ist der Zyklus der Frau kein fester Kalender, nach dem wir uns strikt richten können (und wäre das nicht auch ein Widerspruch in sich?). Genau wie das Leben ist auch er manchmal ein wenig durcheinander und chaotisch und garantiert jedes Mal ein wenig anders. Und verkörpert bei alledem auch nur eine unserer vielen Facetten.
Doch unseren Zyklus zu kennen, zu beobachten und auf ihn achtzugeben, bedeutet nicht, dass wir uns einschränken. Ganz im Gegenteil: Es kann uns befreien, indem wir noch mehr in unser Gefühl hineinhören. Es kann uns Antworten auf unsere Fragen geben. Und es kann uns helfen, mehr nach unserem Tempo und Rhythmus zu leben. Indem wir uns unseres Selbst bewusst werden.
Vielleicht kann unser innerer Kreislauf dann auch eine Aufforderung sein, sich treiben zu lassen: Wir bestimmen die Richtung, schwimmen mal gegen den Strom, kommen auch mal vom Kurs ab – aber arbeiten nie gegen unsere eigene Strömung.
Unserem Körper während der Periode die Aufmerksamkeit zu geben, die er verdient, kann ein Schritt dahin sein. Nutze diese Zeit, um Dir zum Beispiel eine kleine Massage mit einer wohltuenden Periodencreme zu gönnen, und hilft, Deine Regelschmerzen zu lindern. Komme in Einklang mit Deinem Zyklus, setze neue Kräfte frei und nutze sie für die Dinge, die Dir wirklich wichtig sind.